Diese Geschichte kommt mir nun wieder in den Sinn, weil Thomas Gottschalk vor kurzem in meine alte Heimat gezogen ist. Wir wuchsen in Planegg bei München auf und er ist nun im Nachbarort Gräfelfing zuhause. Seltsam. Das ist jetzt 38 Jahre her. Und nun fällt es mir wieder ein, als wäre es gestern gewesen.
Es war eine jener Nächte, die sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Mein Bruder Erich und ich hatten nie viele gemeinsame Unternehmungen, obwohl er nur zwei Jahre älter war als ich. Doch als ich 19 Jahre alt war, besaß ich einen Honda Prelude, während Erich kein eigenes Auto hatte. Mein Bruder war ein leidenschaftlicher Autogrammjäger – Sammler wäre zu milde ausgedrückt. Eines Tages bat er mich, mit ihm nach Unterföhring zu fahren, um an der Sendung “Na sowas!” mit Thomas Gottschalk teilzunehmen. Es muss im Oktober 1986 gewesen sein. Erich hatte erfahren, dass Tina Turner zu Gast sein würde, und er wollte seine Schallplatten und Fotos von ihr signieren lassen. Diese Objekte waren für ihn von unschätzbarem Wert, da sie Unikate waren – echte Erinnerungsstücke, keine Agenturfotos.
Also machten wir uns auf den Weg, und ich packte meine Fotoausrüstung ein, darunter mein professionelles Blitzlicht und meine Spiegelreflexkamera. Das Blitzlicht war ein echter Türöffner, oft gewährte es mir Zugang zu Veranstaltungen, die nur für die Presse bestimmt waren, denn so ein Blitz hatte damals kaum jemand als Hobbyfotograf. Die Spiegelreflexkamera, die damals für mich ein kleines Vermögen gekostet hatte, war mein ganzer Stolz. Obwohl ich in der Film- und Fernsehbranche arbeitete, war das Fotografieren von Prominenten damals nur ein Hobby. Von Thomas Gottschalk hatte ich bereits einige Fotos, aber von Tina Turner noch keines.
Ich warf schnell alles in eine Tasche und dann fuhren wir auch schon los nach Unterföhring. Zur Sendung selbst hatten wir keine Karten, und wie sich herausstellte, war Tina Turner auch nur kurz da. Ich fotografierte Thomas Gottschalk erneut – dieses Mal hielt er die Kappe eines Edding-Stifts im Mund, während er ein Foto signierte, auf dem er mit meinem Bruder zu sehen war. Ich sage diesmal, weil es eigentlich kaum ein normales Foto von mir von Thomas Gottschalk gibt. Es war nicht das beste Bild, aber einzigartig. Leider gab der Blitz nur einen einzigen Lichtblitz von sich, dann war die Batterie leer. “Dumm gelaufen”, dachte ich, “wenn jetzt noch Tina Turner kommt, habe ich keinen Blitz mehr.”
Mein Bruder und ich verpassten sie zunächst, oder sie nahm einen anderen Ausgang. Doch als wir das Gebäude verließen, sahen wir einen kleinen Konvoi von Fahrzeugen. In einem davon saß eindeutig Thomas Gottschalk zusammen mit Tina Turner. Schnell rannten wir zu meinem Honda Prelude, der in unmittelbarer Nähe geparkt war. Wir missachteten einige Verkehrsregeln, um die Fahrzeuge schnell einzuholen.
„Schnell, gib Gas!“, rief Erich und klammerte sich an die Autotür. Der Konvoi bog gerade auf den Mittleren Ring ab, und ich drückte das Gaspedal durch. Der Motor heulte auf, und wir schossen hinterher. Zwei der anderen Autos versuchten, uns immer wieder abzudrängen. Es schien, als wären es Bodyguards, die Tina Turner beschützten. Einmal kam ein schwarzer Mercedes so nah an uns heran, dass ich die genervten Gesichter der Insassen sehen konnte. Aber ich ließ mich nicht abschütteln.
„Links! Sie fahren links!“, schrie Erich, als der Konvoi plötzlich die Spur wechselte. Ich riss das Steuer herum, spürte, wie die Reifen quietschten und wir nur knapp an einem Zusammenstoß vorbeikamen. Die Stadtlichter flogen an uns vorbei, während wir in das nächtliche Abenteuer eintauchten. „Hoffentlich kommt da keine Polizei“, dachte ich nervös, aber trotzdem war es aufregend und machte Spaß.
Sie fuhren über den Mittleren Ring Richtung Olympiapark. Was wollten sie dort? Egal, wir folgten ihnen. Sie wurden durch einen Parkplatz gelassen, zu dem wir keinen Zugang hatten. Also parkte ich auf einem offiziellen Parkplatz in der Nähe. Es waren auffällig viele Autos hier. Beim Aussteigen hörten wir, dass wohl ein Konzert in der Olympiahalle stattfand – es war Falco.
Wir liefen weiter und sahen, wie Thomas Gottschalk mit Tina Turner und einigen Begleitern in den Hintereingang der Halle gelassen wurde. Wieder hatten wir sie verpasst. Also warteten wir. Sie musste ja wieder herauskommen. Mein Bruder hielt die Schallplatte von Tina Turner unter dem Arm, und ich stand mit meiner leeren Kamera und dem Blitzlicht daneben. Nach etwa 20 Minuten probierte ich, ob ich den Blitz noch einmal laden konnte. Der Blitz hatte ein Piepgeräusch, während er lud, aber er war restlos leer.
Dann bewegte sich etwas am Hinterausgang. Tina Turner kam tatsächlich alleine zur Tür heraus, begleitet von einem Mann, der vermutlich ihr Fahrer war. Nur mein Bruder und ich standen mitten in der Nacht da. Tina Turner sah uns an und bemerkte die Schallplatte, die mein Bruder ihr entgegenhielt. In ihrem Kopf musste es gerattert haben: Wie kommt dieser junge Mann dazu, bei einem Falco-Konzert mit meiner Schallplatte auf mich zu warten? Dann fiel ihr Blick auf mich und meine Kamera, die sichtbar an mir baumelte. “Why aren’t you taking a photo?”, fragte sie, und grübelte wahrscheinlich immer noch, woher wir kamen. “Würde ich gerne, aber mein Blitz ist leer”, sagte ich auf Deutsch, fügte dann mit schlechtem Englisch hinzu: “Empty”, und deutete auf den Blitz.
Sie nickte kurz, lächelte und ging dann weiter. Es war eine sehr skurrile Situation, und nur ein Bild blieb mir von diesem Abend – aber nicht das von Tina Turner. Doch die Erinnerung an diesen besonderen Abend bleibt für immer in meinem Herzen.
Thomas Gottschalk habe ich tatsächlich noch ein paar Mal getroffen, obwohl er sich selbst an mich wohl nicht erinnern wird. Höchstens an das, was passierte. Aber schon lustig, was einem so manchmal wieder einfällt. Nun habe ich es festgehalten, damit andere auch ein wenig über die Geschichte schmunzeln können.
@thereal.thomasgottschalk #thomasgottschalk
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